Schelte für die Politik

    Die Wirtschaftsverbände stellen ihre Forderungen

    In den ersten Jahreswochen laden Verbände, Parteien, Institutionen und Regierungen zu ihren traditionellen Neujahrsempfängen. In den Reden werden das vergangene Jahr analysiert, die Zukunft prognostiziert und Wünsche und Forderungen gestellt. Einig sind sich die Verbände seit Jahren in zwei wichtigen Punkten. Die Infrastruktur in der Region muss verbessert werden und die vielen Vorschriften, die das Gewerbe behindern statt fördern, müssen deutlich reduziert werden.

    (Bilder: © Beat Eglin www.presstime.ch) Elisabeth Schneider (NR BL) präsidiert die Handelskammer b. Basel

    Den Begrüssungsreigen begann die Basler Regierung am 2. Januar. Unter den 500 Gästen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft war auch eine Regierungsdelegation aus dem Baselbiet dabei. Weshalb die Basler Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann bei ihrer Begrüssung minutenlang Namen vorlas, wie es sonst nur in Frankreich üblich ist, war rätselhaft und langweilig. Für Basel wünscht sie sich ein nachhaltiges und intelligentes Wachstum. Sie will eine konstruktive und aktive Zusammenarbeit in der gesamten Region. Sie hob hervor, dass es dem Stadtkanton gut geht und er sich in den letzten Jahren erfolgreich entwickelte. Die Stadt soll wachsen, um die Zersiedelung zu bremsen, den Verkehr und die Umweltbelastung zu reduzieren und um die Zentrumsfunktionen wie Bildung und Kultur auch weiterhin finanzieren zu können. Mit sanften Worten wandte sie sich an den Bund, von dem sie klare Investitionsentscheide für die Region erwartet.

    Nur einen Tag später lud die Handelskammer beider Basel zum grossen Empfang ins Stadttheater. Die neue Präsidentin, Nationalrätin Elisabeth Schneider, durfte 700 Gäste begrüssen. Sie begann ihre Rede mit positiven Nachrichten aus der Region und der Schweiz, brachte aber auch die globalen Probleme wie Konflikte, Populismus und Nationalismus zur Sprache, die alles andere als Prosperität versprechen.

    Der Basler Gewerbeverbandspräsident Marcel Schweizer verlangte in seiner amüsanten und mit viel Inhalt und Witz durchsetzen Rede eine Rehabilitierung und mehr Wertschätzung für das Unternehmertum. Direktor Gabriel Barell hob die 130’000 Arbeits- und Ausbildungsplätze hervor, die von Basler KMUs angeboten werden. Für ihn sind die Unternehmer Zugpferde, die für ihre Arbeit genügend Auslauf und Freiraum brauchen. Er kritisierte den Staat, der die Unternehmer zunehmend «als Lastesel ansieht, denen man beliebig und immer weitere Aufgaben und Gewichte aufladen kann». Er sprach die Steuerbelastung an und erwähnte die starken Steuersenkungen in den USA, die auch ihre Auswirkungen auf die Schweiz haben können. Die Stadt soll attraktiver werden für grosse und kleine Unternehmer und die gesamte Bevölkerung.

    Marcel Schweizer (Gewerbeverbandspräsident Basel), Thomas Weber (RR BL), Jean-Luc Nordmann (e. seco-Direktor)

    Deutlich wurde der Präsident der Wirtschaftskammer Baselland, Andreas Schneider: «Die Politik soll sich endlich dem Verkehrs- und Infrastrukturproblem in der Region annehmen. Hören Sie auf zu verhindern, fangen Sie an zu ermöglichen. Entwickeln Sie zusammen mit uns grosszügige und zukunftsgerichtete Projekte.» Schneider sorgt sich um die Zustände auf unseren Strassen und dem Schienennetz. Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten haben zunehmend Mühe, um an ihre Bestimmungsorte zu gelangen. Er forderte von den Baselbieter Politikern mehr Cleverness und dass sie sich endlich auch in Bern Alliierte suchten, um die notwendigen Projekte realisieren zu können.

    Mit seiner Unzufriedenheit stand Schneider nicht alleine da. Partnerverbände in der Stadt blasen seit Jahren ins gleiche Horn. Beide Halbkantone sind so eng miteinander verflochten, dass sie ihre Probleme nur durch starkes und gemeinsames Auftreten nach aussen durchsetzen können. Genau dort liegt aber eine weitere Knacknuss, denn die Kantonsvertreter ziehen in Bern nicht mit vereinten Kräften am gleichen Strick, sondern vertreten zu oft unterschiedliche Meinungen. Oder die Politik äussert sich überhaupt nicht oder viel zu leise, um überhaupt gehört zu werden. Unterstützung erhielt Schneider von seinem Direktor Christoph Buser. Er will, dass das Baselbiet seine Stärken und Standortvorteile besser verkauft und dass die Wirtschaftsförderung mit Vehemenz und nicht halbherzig wie bisher vorangetrieben wird. «Der Staat hat bewiesen, dass er es nicht kann», sagte Buser und verwies auf die vielen Nuller bei den staatlich dominierten Ansiedlungsbemühungen. Er will aus dem Baselbiet wieder ein «modernes und attraktives Schaufenster» machen und brachte den sehr guten Standortvorteil und die fleissigen Mitarbeiter ins Spiel. Und seine Kritik an die Politik gingt weiter: «Man versucht ein wenig zu dekorieren, so richtig gelingt es aber nicht. Sei fünf Jahren treten wir an Ort. Jedes Unternehmen würde sofort reagieren, und das erwarte ich auch vom Kanton.» Da sich die beiden Basler Halbkantone durch ihre Pharmazie-/Chemielastigkeit (Basel) und die dominierenden KMU im Baselbiet fundamental unterscheiden «brauchen wir endlich ein eigenständiges, knackiges Projekt.» Dass Veränderungen im grossen Stil nicht von heute auf morgen möglich sind ist auch Buser klar. «Aber Schwachstellen können sofort angegangen werden. Dazu braucht es Leute, die an der Basis sind.» Sein Lösungsansatz geht in die Richtung anderer Kantone, die eng mit Privaten zusammenarbeiten und dabei erfolgreich sind. Dazu sind er und die Wirtschaftskammer Baselland bereit.

    Bilder und Filme: www.fotoshopper.ch

    Beat Eglin

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